Der Bundesrat hat am Freitag einer Änderung der Gesetzgebung zur Verordnung von Antibiotika durch Tierärzte (TÄHAV) verabschiedet. Für Hunde- und Katzenhalter zieht dies einige Änderungen nach sich, die mit erhöhten Kosten behaftet sein werden.

 

 

 

Die Überlegung

Die Bundesregierung will damit den Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin einschränken. Wobei zu sagen ist, dass seit 2011 die Menge an verordneten Antibiotika für Tiere mehr als halbiert wurde. Das bedeutet eine Reduktion des Antibiotikaeinsatzes hat bereits ohne staatliche Reglementierung statt gefunden. Der Regierung geht es vordergründig darum die zunehmende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika zu senken und dadurch den Menschen zu schützen. 

 

Was bedeutet überhaupt Antibiotikaresistenz?

Unter einer Antibiotikaresistenz versteht man den Widerstand eines Bakteriums gegenüber einem Antibiotikum. Das Bakterium stirbt in Anwesenheit eines Antibiotikums nicht ab, beziehungsweise sein Wachstum wird nicht gehemmt. Die Antibiotikaresistenz kann immer nur für ein spezifisches Bakterium ermittelt werden. Es ist nie der Organismus (z.B. Hund, Katze oder Mensch) der resistent wird, sondern ein einzelnes kleines Bakterium. 

Arten der Resistenz

Es gibt verschiedene Formen der Resistenz von Bakterien. Antibiotika können aufgrund ihrer Art eine Wirklücke des Antibiotikums ausnutzen. Einige Wirkstoffe greifen zum Beispiel in die Zellenwandherstellung ein, diese wirken  dementsprechend nicht bei Bakterien, die keine Zellwand besitzen. Diese Form bezeichnet man als primäre Resistenz.
Die sekundäre Resistenz können Bakterien "erlernen". Durch eine Mutation in ihrem Erbgut werden sie widerstandsfähig gegen ein Antibiotikum. Werden sie dabei zufällig gegen mehrere Antibiotika resistent, die den gleichen Wirkmechanismus besitzen, spricht man von Kreuzresistenz. Werden sie jedoch gegenüber mehreren Antibiotikagruppen resistent spricht man von einer sogeannnten Multiresistenz. Beim Nachweis von multiresistenten Bakterien sind zur Behandlung häufig Reserveantibitika erforderlich.

Die Resistenzentwicklung ist dann besonders wahrscheinlich, wenn häufig Antibiotika eingesetzt werden, z.B. zur Behandlung harmloser Infektionen oder zur Vorbeugung. 

 

 

Das ändert sich mit dem neuen Gesetz

Das Gesetz ist am 1. März 2018 inkraft getreten. 

Antibiogrammpflicht

Bestimmte Antibiotika dürfen nur noch nach Resistenzprüfung der Erreger (auch Antibiogramm) verordnet werden. Zu diesen Antibiotika zählen Fluorchinolone (z.B. Enrofloxacin) und Chephalosporine 3. + 4. Generation (z.B. Convenia®). Hierbei handelt es sich um sehr potente Antibiotika, die auch in der Humanmedizin eingesetzt werden. Gerade das Langzeitantibiotikum Convenia® erfreut sich vor allem bei der Behandlung von Katzen großer Beliebtheit und wird bald nur noch nach Resistenzprüfung verabreicht werden dürfen, eine Ausnahme bilden hierbei herrenlose Katzen.

Auf ein Antibiogramm kann verzichtet werden, wenn dadurch der Gesundheitszustand gefährdet wird, Erreger nicht anzüchtbar sind oder deren Empfindlichkeit nicht geprüft werden kann. Leider lässt der Gesetzgeber auch hier weitere Erläuterungen vermissen, was ein gefährdeter Gesundheitszustand bedeutet. Ob es hier nur um Tiere geht, die ohne Antibiotikum versterben oder ob auch schon ein drohender Organschaden ausreichend ist. Und was soll mit Patienten geschehen, deren Halter die Kosten für diese weiteren Untersuchungen nicht tragen können? 

 

Umwidmungsverbot

Es dürfen keine Fluorchinolone und Chephalosporine 3. + 4. Generation (z.B. Convenia®) verordnet werden, die nicht für die jeweilige Tierart zugelassen sind. Das ist gerade bei Hunden und Katzen unserer Ansicht nach kein Problem. Wir haben ausreichend Antibiotika für die entsprechende Tierart zugelassen, so dass es zu keinen Therapieproblemen kommen sollte. Bestimmte Antibiotika, die zum Beispiel ausschließlich in der Humanmedizin eingesetzt werden, dürfen dann nicht mehr verordnet werden. Eine Ausnahme bildet der Einzelfall, wenn die arzneiliche Versorgung ernsthaft gefährdet ist. Doch was das im Konkreten bedeutet, lässt der Gesetzgeber bisher noch offen. 

Für die vielen einzelnen Sonderfälle, die sich durch das neue Gesetz ergeben muss die Regierung weitere Erklärungen liefern. Alles in allem wirkt dieser Gesetzentwurf mehr gut gemeint, als gut durchdacht. Zum Leidwesen von Tieren, Tierhaltern und Tierärzten muss ein halbfertiges Gesetz in die Tat umgesetzt werden. 

 

 

 

 

Zusätzliche Kosten

Die Kosten einer Keimisolierung mit Resistenzprüfung (Antibiogramm) liegen etwa bei etwa 80€ pro Probe. Die Entnahme von Proben kann weitere Kosten mit sich bringen. Vor allem bei einer Lungenproblematik oder tiefen Hautentzündungen muss die Probenentnahme unter Narkose erfolgen. Diese Kosten sind vom Tierhalter allein zu tragen. 

 

 

 

So vermeiden Sie als Tierhalter die Entstehung von  Resistenzen

Auch Sie als Tierhalter tragen einen Teil der Verantwortung dafür, dass Antibiotika weiterhin bei uns Menschen wirksam sind. Dazu sollten Sie...

  • ...ein verordnetes Antibiotikum immer genau nach den Angaben des Tierarztes Anwenden. Besonders die Dauer und die Häufigkeit der Anwendung ist dabei entscheidend. Ein Antibiotikum muss bis zum Ende der Therapie verabreicht werden, auch wenn etwaige Beschwerden bereits vorüber sind. Sonst wird eine Resistenzentwicklung begünstigt.
  • ...kein Antibiotikum erwarten. Nicht jede Erkrankung sollte mit einem Antibiotikum behandelt werden.Sie sollten Ihrem Tierarzt ausreichend vertrauen, dass er ein Antibiotikum verordnet, sobald dies notwendig ist. 
  • ...das Anfertigen eines Resistenztests, wenn es Ihr Tierarzt für notwendig erachtet, immer machen lassen. Nach dem Test kann Ihr Tier umso schonender mit genau dem richtigen Antibiotikum behandelt werden.
  • ...verordnete Antibiotika nur dem Tier geben, für das es verordnet wurde. Geben Sie Antibiotika niemals eigenmächtig und vor allem keine Restbestände von Antibiotika, die Ihnen selbst einmal verordnet wurden. Bestimmte Antibiotika werden von Tieren nicht vertragen und können verheerende Nebenwirkungen haben.

 

Wie wir als Tierärzte verantwortlich mit Antibiotika umgehen können

Die warnenden und mahnenden Stimmen, die von einer "postantibiotischen Zeit" sprechen (also einer Zeit, in der Antibiotika nicht mehr wirksam sein werden) halten auch uns dazu an, unseren Antibiotikaeinsatz stetig zu reduzieren. Wir können hier nur über Hunde und Katzen sprechen, weil diese unsere Hauptpatienten sind. Exemplarisch seien hier zwei Beispiele genannt. 

Tiere mit lokalen Hautinfektionen und großflächigen Wunden versuchen wir mit einer lokalen, keimabtötenden Wundauflage oder mit desinfizierenden Lösungen, ohne Verwendung von Antibiotika zu therapieren. Gerade in der lokalen Therapie von Wunden hat sich der Einsatz von Antibiotika sogar als wundheilungsstörend heraus gestellt. Wir therapieren damit auch großflächige Wunden sehr erfolgreich. 

Gerade Katzenhalter trauen sich oft nicht zu Ihrer Katze Tabletten oder Saft zu verabreichen. Wir haben spezielle Tabletteneingeber, Tablettenleckerchen und leicht zu verabreichende Medikamente, die von den meisten Katzenhalter nach vorheriger Einweisung verabreicht werden können. Auch wenn die Langzeit-Antibiotika-Spritz schnell und sicher verabreicht werden kann, so birgt ihr Wirkstoff (ein Cephalosporin der 3. Generation) so manche Risiken für die Halter, die erst auf den zweiten Blick ersichtlich werden. Wer einmal von einer Katze gebissen wird, die häufiger mit diesem Medikament behandelt wurde, der kann mit einer schweren Infektion zu kämpfen haben. 

 

Wir empfinden die Verpflichtung von Antibiogrammen vor dem Einsatz bestimmter Antibiotika als sinnvoll. Einige Antibiotika sollten nur für ernstlich kranke Menschen reserviert bleiben. Über die Gefahr, die auch uns Menschen treffen kann, wenn wir mit den Antibiotika bei unseren Haustieren zu sorglos umgehen, werden Sie in naher Zukunft hier einen Artikel finden.