Vor allem unter Hundehaltern scheint eine Art Panik vor den kleinen Einzellern namens Giardien zu herrschen. Im Internet wimmelt es nur so von Panikmacherei. Doch welche Aussagen stimmen? Muss man seinen Hund jetzt monatelang ohne Kohlenhydrate ernähren?

 

Welche Symptome rufen Giardien hervor? 

Giardien rufen typischerweise eine Durchfall mit flüssigem bis halbfestem Kot  und eine leicht erhöhte Kotabsatzfrequenz hervor, können aber auch zur Ausscheidung großer Mengen an Schleim führen (vor allem bei Katzen). Eher selten sind sie Ursache von plötzlichem Erbrechen. Ein großer Teil, der mit Giardien infizierten Hunde und Katzen zeigt keine Symptome. Vor allem junge Hunde zeigen häufiger eine Erkrankung aufgrund von Giardien. Die Durchfälle sind in den meisten Fällen selbstlimitierend. Schwere Fälle mit Austrocknung, Apathie und Appetitverlust kommen selten vor. Auch chronische Verläufe mit dauerhaftem Durchfall oder Erbrechen sind möglich. 

 

Können Giardien vom Hund auf den Menschen übertragen werden?

Es gibt nicht nur DIE Giardie, es gibt einen Haufen verschiedener Arten, auch Assemblage genannt. Der Erreger ist nicht an eine Tierart gebunden, doch nicht jede Art ruft auch einer Erkrankung bei jedem Tier oder dem Menschen hervor. Beim Menschen kommen vorwiegend die Assemblage A + B (G. duodenalis und G. enterica) vor. Sie können auch Hunde und Katzen infizieren. Speziell Hunde sind häufig mit Giardien vom Assemblage C + D infiziert (G. canis), Katzen mit Assemblage F (G. felis), die aber keiner Erkrankung beim Menschen hervorrufen. Demzufolge werden Hunde und Katze nicht als Gesundheitsrisiko für HIV-kranke Menschen  angesehen (laut dem Center for Disease Control). Der Großteil der Haustiere ist mit Tier-spezifischen Typen infiziert. Der Typ A lässt sich vor allem bei Katzen nachweisen. 

Eine weitreichende Desinfektion des Haushaltes, wenn bei Hund oder Katze Giardien nachgewiesen wurden, ist nur notwendig soweit sich Menschen mit inkompetentem Immunsystem im Haushalt befinden. Zu dieser Personengruppe zähne unter anderem HIV-infizierte Personen, Kleinkinder, Krebspatitenten und Menschen mit sonstigen reduzierten Immunkräften. 

 

Wann sollten Hunde und Katzen auf Giardien untersucht werden?

Bei gesunden Hunden und Katzen sollte mindestens 1-2x jährlich eine Kotuntersuchung durch Flotationsverfahren erfolgen. Bei Hunden und Katzen mit Durchfall sollte eine Flotation und ein Kotdirektausstrich untersucht werden. Ein spezieller Giardien-Antigentest (sogenannter Giardien Schnelltest) kann zusätzlich vorgenommen werden um die Diagnosenstellung zu unterstützen. Ein alleiniger Giardien-Antigentest ist jedoch kein Ersatz für die beiden anderen Untersuchungsverfahren. 

Schwachstellen des Antigen-Nachweis (Schnelltest)

Mit dem gängigen Giardientest wird eine Art Eiweiß dieser Einzeller nachgewiesen. Der Test ist sehr empfindlich. Er kann nicht zwischen lebenden und toten Giardien unterscheiden. Daher ist ein Kotdirektausstrich unerlässlich. Bislang gibt es keine Untersuchung wie lange nach einer erfolgreichen Behandlung sich noch Giardienantigen im Kot nachweisen lässt. Es könnte daher sein, dass ein positiver Test bei einer Kontrolle nur die toten Giardien nachweist. Daher ist ein Antigentest, nur bei negativem Ergebnis eine geeignete Kontrolluntersuchung. Laut einer Studie sind bei einer Kontrolluntersuchung nach 34 Tagen über 65% der behandelten Hunde weiterhin infiziert. 

 

Müssen Giardien bei Hund und Katze behandelt werden?

Bis zu 40% aller Hunde und Katzen sind dauerhaft oder zeitweise mit Giardien infiziert. Nicht bei jedem Hund und jeder Katze ruft die Infektion auch einer Erkrankung hervor. Behandlungsbedürftiger Giardienbefall liegt nur dann vor, wenn zusätzlich die typischen Durchfallanzeichen gegeben sind. Vor allem flüssiger Kot und Kot mit großen Anteilen von Schleim sind verdächtig für eine Giardienerkrankung. 

 

Wie kann gegen Giardien behandelt werden und was ist das Behandlungsziel?

Giardien haben ein spezifische Empfindlichkeit ähnlich der von Bakterien, daher ist es unmöglich im Voraus vorherzusagen ob ein Medikament gegen Giardien wirksam sein wird. Es stehen jedoch verschiedene Medikamente für die Behandlung zur Verfügung. Das Ziel einer Behandlung ist immer den Durchfall zu stoppen. Die Elimination von Giardien aus dem Körper ist schwierig, daher stellt dies kein primäres Behandlungsziel dar. Die Elimination des Erregers ist nach einiger Zeit auch selbständig (das heißt ohne medikamentöse Behandlung) möglich.

 

Was ist zu tun, wenn nach der Behandlung weiterhin Durchfall auftritt und im Kot Giardien nachgewiesen werden können?

Da Giardien eine individuelle Medikamentenresistenz aufweisen können, ist eine weitere Behandlung mit einem Medikament anderer Klasse angezeigt. Die Ergänzung des Futters um diätetische Fasern hemmt die Anhaftung von Giardien an das Darmepithel. Die zusätzliche Gabe von Probiotika wirkt bei den meisten Hunden und Katzen unterstützend. Da Giardien am Fell anhaften können wirkt sich auch das Baden, insbesondere der Afterumgebung positiv aus. Sollte trotz weiterer Maßnahmen weiterhin Durchfall bestehen, müssen andere zugrundeliegende Erkrankungen erwogen werden.

 

Sollten Hund und Katzen ohne Durchfall gegen Giardien behandelt werden?

Hunde und Katzen mit normaler Kotkonsistenz gelten nicht als Gesundheitsrisiko für den Menschen. Angesichts der Tatsache, dass alle Medikamente auch Nebenwirkungen haben, sollte die Notwendigkeit mit jedem Tierhalter individuell besprochen werden. Bei etwa 50% der Hunde werden durch die Behandlung Nebenwirkungen hervorgerufen. Angesichts der Tatsache, dass eine Elimination des Erregers unwahrscheinlich ist und einer erneute Infektion innerhalb weniger Tage möglich ist. Wir befürworten daher die natürliche Elimination des Erregers zu unterstützen, zum Beispiel durch Probiotika.

 

Warum wir eine Behandlung von Giardien mit kohlenhydratarmer Ernährung kritisch sehen

Nach unserem Wissenstand gibt es keine evidenzbasierten Belege für die Wirksamkeit dieser Maßnahme. Auch Aussagen von Betroffenen, ihr Hund oder ihre Katze hätte dank kohlenhydratarmer Ernährung nach 4 Monaten die Giardien besiegt, sind nicht wissenschaftlich, sondern persönliche Erfahrungen! Selbstheilung und Elimination ist selbstverständlich jederzeit möglich.

Kohlenhydrate sind für den Darm sehr leicht verdauliche Energielieferanten. Einem Hund oder einer Katze, dessen Darm eine akute Schädigung aufweist eine schwerverdauliche  auf Proteinen und Fett basierte Kost zu reichen halten wir für nicht sinnvoll. Selbst wenn Giardien sich von Kohlenhydraten ernähren, so sollte man nicht vergessen, dass sie von einem Lebewesen umgeben sind. Da sich in Studien vor allem die Verabreichung von diätetischen Fasern als hilfreich gegen Giardien erwiesen hat, empfehlen wir das Futter mit z.B. Kürbis, Möhren oder Apfel (alles leicht gedünstet, für bessere Verdaulichkeit zum Beispiel in Form der moroschen Karottensuppe) anzureichern. 

 

Quellen

  1. Diagnosis and Treatment of Giardia Infections in Dogs and Cats; World Small Animal Veterinary Association World Congress Proceedings, 2011; Michael R. Lappin, DVM, PhD, DACVIM
  2. GIARDIA SPP. INFECTIONS IN DOGS & CATS: FACT OR FICTION? INFECTIOUS DISEASE Michael R. Lappin, DVM, PhD, DACVIM
  3. Hascall; Prevalence of Enteropathogens in Dogs Attending 3 Regional Dog Parks in Northern California. J Vet Intern Med. 2016 Nov;30(6):1838-1845. doi: 10.1111/jvim.14603. Epub 2016 Nov 11.
  4. ESCCAP Factsheet Giardia duodenalis  (pdf)

Autor: Tierärztin Frau Korte