Das Cushing Syndrom geht auf den Neurochirurgen Dr. Harvey Cushing zurück, der 1932 erstmals einen Zusammenhang zwischen bestimmten Symptomen und einem Tumor der Nebennieren beim Menschen feststellte. Seitdem wird der Begriff für eine Vielzahl an Ursachen benutzt, die zur Ausbildung eines bestimmten Symptomkomplexes führen. Der Begriff Cushing wie auch Hyperadrenokortizismus stehen dabei für eine Überproduktion an Kortison. 

 
Die Grundlagen

Die Nebennieren sind zwei kleine hormonproduzierende Drüsen, die sich gleich neben den Nieren befinden. Sie werden von einer hormonbildenden Drüsen des Gehirns, der Hypophyse dazu angeregt, ihre Hormone abzugeben. Während die Nebennieren ihrerseits auch Einfluss auf die Hormonfreisetzung der Hypophyse nehmen können. Dieses Zusammenspiel wird als Hypophysen-Nebennieren-Achse bezeichnet. 

 
Ursachen

Hypophysärer Cushing

Bei 80-85% aller Hunde mit natürlich auftretendem Cushing findet sich dieser Typ. Dabei wird vermehrt das kortisonstimuliernde Hormon (medizinisch ACTH) abgegeben. Bei über 90% dieser Hunde ist ein Tumor in der Hypophyse die Ursache. 

Nebennieren Tumore

15-20% der betroffenen Hunde zeigen einen Nebennierentumor, der große Mengen an Kortison freisetzt. Typischerweise findet sich der Tumor nur in einer der beiden Nebennieren. Seltener finden sich in beiden Nebennieren Tumore. Neben kortisonproduzierenden Tumoren kommen in der Nebennieren auch anderer Tumore mit unterschiedlicher Häufigkeit vor, diese müssen klinisch oder pathologisch ausgeschlossen werden. 

seltene Fälle

In seltenen Fällen können sowohl in der Hypophyse, als auch in der Nebenniere Tumore festgestellt werden. 

Andere Tumore können ebenfalls das Cushing Syndrom auslösen, selten kann auch eine Überproduktion eines anderen Hormons (zum Beispiel Sexualhormone) das Syndrom auslösen. 

 
Symptome des Cushing-Syndroms

Die Anzeichen entwickeln sich meist schleichend über einen gewissen Zeitraum. Viele Hundehalter halten sie für einen Teil des normalen Alterungsprozesses. Daher verwundert es nicht, dass viele Hunde die Symptome bereits seit Monaten zeigen, bevor eine definitive Diagnose gestellt wird. Betroffene Hund haben in der Regel einen guten Ernährungszustand und einen guten Appetit. Der Vorbericht, den Sie als Tierhalter dem Tierarzt mitteilen, hält die wichtigsten Informationen zur Diagnosefindung bereit. Wichtige Fragen in diesem Zusammenhang sind:

  • Hat Ihr Hund in letzter Zeit Medikamente bekommen?
  • Trinkt und uriniert Ihr Hund normal?
  • Hat Ihr Hund einen gesteigerten Appetit?
  • Kann Ihr Hund ins Auto springen oder auf die Couch?
  • Hechelt Ihr Hund gelegentlich auch in Ruhe?
  • Schläft Ihr Hund mehr?

Hunde mit Cushing Syndrom können nur ein einzige Symptome zeigen oder mehrere. Die klassischen Symptome sind:

  • Vermehrter Durst und Urinabsatz
  • Haarausfall
  • Hängender, birnenförmiger Bauch
  • Lebervergrößerung
  • Gesteigerter Appetit
  • Muskelschwäche
  • Ausbleibende Läufigkeit
  • Muskelschwund
  • Mitesser
  • Hecheln
  • Dunkle Verfärbung der Haut
  • Abnahme der Hodengröße
  • Gesichtsnervenlähmung (sog. Facialisparese)

Viele Hunde mit Cushing leiden gleichzeitig an einer Harnwegsinfektion. Einige zeigen jedoch keine spezifischen Symptome. Durch den entzündungshemmenden Einfluss des Kortisons, werden diese unterdrückt. Ein kleiner Teil der Hunde entwickelt zusätzlich einen Diabetes mellitus und zeigt in dessen Folge einen Gewichtsverlust.

Das Cushing Syndrom ist eine langsam fortschreitende Erkrankung, in dessen Folge einige Hunde akut Schwäche, Schmerzen und blasse Schleimhäute entwickeln können. Diese werden meist von akuten Blutungen im Bauchraum hervorgerufen und sind ein absoluter Notfall. 

 
So kann die Diagnose gestellt werden

Am Anfang steht immer ein klinischer Verdacht, der sich auf die Vorgeschichte und die körperliche Untersuchung stützt. Um diesem Verdacht nachzugehen, sind weitere Untersuchungen erforderlich. Ein Ultraschall des Bauchraums sollte in jedem Fall durchgeführt werden. In dem Zusammenhang kann eine sterile Urinprobe gewonnen werden, die auf Bakterien untersucht werden sollte. Zusätzlich sollte der Urin auf Anzeichen einer Entzündung kontrolliert werden. Im Urin kann das Verhältnis von Kortison zu einem spezifischen Nierenwert gemessen werden. Dieses Verhältnis gibt einen Anhaltspunkt für die Wahrscheinlichkeit eines Cushingsyndroms. 

Auch im Röntgen lassen sich spezifische Veränderungen feststellen, die eine Kortisolüberproduktion wahrscheinlich machen. Die Inanspruchnahme einer MRT oder CT Untersuchung kann unter bestimmten Voraussetzungen hilfreich sein.

Neben einem normalen Screening Blutbild sollten spezifische Tests im Bezug auf das Cushing-Syndrom vorgenommen werden. Diese Tests ergänzen einander, selten fallen sie so eindeutig aus, dass ein einziger Test ausreichend ist. Auch die wiederholte Durchführung eines Tests kann notwendig sein, denn sie werden durch akuten und chronischen Stress manchmal verfälscht.

 

Was passiert bei unbehandeltem Cushing?

Der erhöhte Kortisolspiegel verringert die Abwehrkräfte des Körpers. Diese Hunde neigen daher zu wiederkehrenden Haut- und Harnwegsinfektionen. Die typischen Symptome der Erkrankung bleiben darüber hinaus bestehen (zum Beispiel Heißhunger, vermehrtes Trinken und vermehrter Harnabsatz). Das Kortison verändert darüber hinaus die Zusammensetzung des Blutes und führt so vermehrt zu Thrombosen. Thrombosen sind bei etwas mehr als der Hälfte aller Cushing Patienten todesursächlich. Zudem kann sich als Folgeerkrankung ein Diabetes mellitus einstellen. 

Der häufigste Grund warum sich Hundehalter gegen eine Therapie des Cushing Syndroms entscheiden, sind die hohen Kosten. Nicht nur die Medikamente sind vergleichsweise teuer (je schwerer ein Hund ist, desto teurer), auch die notwendigen Blutuntersuchungen sind sehr kostspielig. 

 
Atypisches Cushing Syndrom

Schätzungsweise etwa 30% aller Fälle sind als atypisches Cushing Syndrom zu kategorisieren. In diesen Fällen ist die Symptomatik voll ausgeprägt. Keiner der verwendeten Tests kann jedoch die Diagnose bestätigen. Die versuchsweise Behandlung ist dann oft die einzige Möglichkeit die Diagnose zu stellen. Bei diesen Patienten wird vermutlich ein anderes Stoffwechselequivalent produziert, das ebensogut auf die Behandlung anspricht.

Behandlung

Medikamente

In Deutschland ist derzeit nur ein Medikament zur Behandlung zugelassen. Der Wirkstoff Trilostan ist für die einmal tägliche Gabe zugelassen. Er erreicht nach 1,5-2 Stunden die höchste Konzentration in der Blutbahn. Nach 10-18 Stunden ist der Wirkstoff fast vollständig ausgeschieden. Etwa 80% der Tiere haben eine ausreichend gute Reaktion mit der einmal täglichen Gabe. Für die anderen 20% wird eine zweimal tägliche Gabe favorisiert. Unter gewissen Umständen ist eine zweimal tägliche Gabe anzustreben, z.B. bei gleichzeitigem Diabetes mellitus. Generell ist die Erkrankung effektiver zu kontrollieren, wenn das Medikament zweimal täglich gegeben wird. Zudem wird die Wirksamkeit des Medikaments erhöht, wenn es mit dem Futter verabreicht wird. Innerhalb von 7-10 Tagen sollte sich eine gewisse Aktivitätssteigerung und eine verminderte Wasseraufnahme bzw. Harnabsatz einstellen. 

Neben Trilostan sind weitere Medikamente zur Behandlung beschrieben. Keines dieser Medikamente hat jedoch in Deutschland eine Zulassung für diese Behandlung und darf daher nicht bzw. nur unter sehr strengen Kriterien eingesetzt werden. 

Operation

Da es sich in den meisten Fällen um einen Tumor handelt, sei an dieser Stelle die Möglichkeit der Tumorentfernung erwähnt. Bei Tumoren der Nebenniere ist eine Operation die Behandlung der Wahl. Obgleich sie mit einigen möglichen Komplikationen einhergehen kann. Die Entscheidung trifft nach einer intensiven Beratung einzig und allein der Tierhalter. 

Die Operation am Kopf bzw. die Entfernung der Hypophyse, stellt einen äußerst schwierigen Eingriff dar, der nur von erfahrenen Neurochirurgen durchgeführt werden sollte. Sowohl an Operation als auch an die folgende Nachsorge sind hohe Ansprüche geknüpft. Daher wird diese Operation nur in wenigen Spezialzentren in Europa durchgeführt. 

Bestrahlung

Ein sanfterer Weg ist die Bestrahlung von Hypophysentumoren. Diese Art der Behandlung hat einen variablen Erfolg und führt in der Regel nicht zur Heilung der Erkrankung. In den meisten Fällen kann sie eine Verbesserung hervorrufen. Diese Behandlung ist für Hunde mit großen Hypophysentumoren nicht uneingeschränkt empfehlenswert.

 
Komplikationen und Nebenerkrankungen bei einem Cushing-Syndrom

Große Hypophysentumore

Generell besteht bei Tumoren immer das Risiko des Wachstums. Neurologische Symptome werden in 15-20% der Fälle durch die Größenzunahme hervorgerufen. Neurologische Anzeichen sind zu Beginn meist subtil. Eine geringfügige Verhaltensänderung kann das erste Anzeichen sein und im späteren Verlauf langsam von Lustlosigkeit, Ruhelosigkeit, gelegentlich auch aggressives Verhalten, Orientierungslosigkeit, Appetitverlust und Gewichtsverlust abgelöst werden. Im späten Verlauf sind Gangstörungen, Drangwandern und fehlende Ansprechbarkeit möglich. Einige Hunde werden fälschlich als blind diagnostiziert, weil diese Art von Tumoren eine unzureichende Reflexantwort auf optische Reize produziert.

Nebennierentumore

Komplikationen stellen sich auch hier häufig aufgrund einer Größenzunahme ein. Meist wachsen diese Tumore in Blutgefäße ein und können so metastasieren. Das Zerreißen dieser Blutgefäße kann zu Blutungen in den Bauchraum oder zu Thrombosen führen.

Bluthochdruck

Bleibt das Cushing-Syndrom unbehandelt ist ein hoher Blutdruck eine häufige Problematik (ca. 85%). Bei Hunden, die einen gut eingestellten Cushing haben, sind etwa 40% betroffen. Mit einem hohen Blutdruck sind bestimmte Folgeerkrankungen z.B. Nierenfunktionsstörungen vergesellschaftet. Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck kann zu Schäden an anderen Organen führen (z.B. Niere, Gehirn und Kreislaufsystem) und sollte daher konsequent behandelt werden.

Nierenbeckenentzündung

Harnwegsinfektionen sind ein häufiger Befund bei Patienten mit Cushing Syndrom. Eine Harnblaseninfektion kann leicht in die Nieren aufsteigen. Patienten können Anzeichen einer Harnwegsinfektion zeigen oder auch nicht. Durch den entzündungshemmenden Effekt des Kortisons können die typischen Symptome unterdrückt werden. 

Harnsteine

Einige Problematiken bei Cushingpatienten entstehen durch ein Ungleichgewicht des Kalziumhaushalts. So können Kalziumoxalat-Harnsteine, Hautverkalkungen (medizinisch Calcinosis cutis) und andere Weichteilverkalkungen auftreten (speziell in Lunge und Niere). Kortion erhöht die Ausscheidung von Kalzium. Das Risiko für Kalziumoxalatsteine ist bei Patienten mit Cushing Syndrom 10x höher als bei anderen Patienten.